Ich habe nochmal ein wenig gesammelt,
Gruß Markus
Videoüberwachung auf dem Luisenplatz
0. Ausgangslage
Die Grün-Schwarze Koalition hat dieses Vorhaben in ihren Koalitionsvertrag aufgenommen, das Vorhaben ist der CDU also entsprechend wichtig und die Grünen werden da irgendeinen Deal für bekommen haben.
Der GroKo aus Grün-Schwarz fehlen 2 Stimmen für eine Mehrheit, daher haben sie eine Vereinbarung mit der unabhängigen Liste Uffbasse, die der Koalition zu Mehrheiten verhilft.
1. Pläne der Grün-Schwarzen Koalition
Im Rahmen der Haushaltsklausur hat die Grün-Schwarze Koalition bekannt gegeben, man wolle 50.000 € für die Prüfung und Einführung einer Videoüberwachungsmaßnahme für den Haushalt 2017 einplanen.
2. Pläne der Stadt
Im Rahmen der Bürgerfragestunde des zuständigen Ausschusses (Sportausschuss, auch für Ordnungswesen zuständig), fragte Schlafwandler den Bürgermeister Reißer nach dem Vorhaben. Bürgermeister Reißer sagte, man befinde sich noch am Anfang der Planung, man prüfe aber alle öffentlichen Plätze der Stadt. Zudem soll es ein Gespräch mit der Polizei geben.
3. Aktuelle Situation:
Auf dem Luisenplatz wird zurzeit keine Videoüberwachung für Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr durchgeführt. Die vorhandenen Kameras dienen der Heag Mobilo zur Steuerung und Überwachung des Betriebablaufes, Personen sollten nicht erkennbar sein und eine Speicherung findet nicht statt.
4. Rechtliches
Eine Videoüberwachung greift in die Grundrechte der Menschen ein. Gemäß Artikel 52 Absatz 1 der EU-Grundrechte Charta ( Art. 52 Abs. 1 GrCh http://dejure.org/gesetze/GRCh/52.html ) dürfen Grundsetze nur eingeschränkt werden, wenn es dafür eine gesetzliche Grundlage gibt und dieser Eingriff notwendig zur Erreichung dem Gemeinwohl dienender Zielsetzungen ist.
"Jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten muss gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen."
Die Notwendigkeit muss also belegt werden, dann darf ein Gesetz erlassen werden, dass einen solchen Grundrechtseingriff rechtfertigt.
Das Hessische Sicherheits- und Ordnungsgesetz erlaubt in § 14 Abs. 4 den Gefahrenabwehrbehörden (aka "der Stadt") eine Bildübertragung, sofern es sich um einen Ort handelt, an dem Straftaten begangen werden und Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass dies in Zukunft wieder geschieht. Das liest sich sehr offen, bedeutet aber in der Rechtsprechung, dass es sich um einen Brennpunkt handeln muss. Das hat die Polizei im Hessenschau-Artikel aber verneint. Laut dem Amt für Statistik der Stadt Darmstadt, liegen der Stadt auch keine weiteren Informationen zur Sicherheitslage am Lui vor.
5. Kameraüberwachung
Datenschutzrechtlich ist eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgesehen, d.h.
- es muss geprüft werden, ob die Maßnahme geeignet ist, das Ziel zu erreichen
-> wissenschaftlich ist eine präventive Wirkung von Überwachungskameras bislang nicht belegt, ob Überwachungskameras daher für weniger Kriminalität sorgen, lässt sich daher nicht sagen. Eine Eignung der Maßnahme kann daher bezweifelt werden.
- es muss geprüft werden, ob die Maßnahme notwendig ist. Möglicherweise müssen zuvor andere, grundrechtsfreundlichere Maßnahmen geprüft und durchgeführt werden, wie etwa bauliche Maßnahmen (bessere Beleuchtung) oder verstärkte Streifengänge. So gibt es beispielsweise beim Landeskriminalamt städtebauliche Berater, die Kommunen bei der Gestaltung öffentlicher Plätze und ihrer Sicherheit unterstützen
-
Präventive Wirkung:
Die präventive Wirkung ist wissenschaftlich nicht belegt, die Behauptung, Kameras würden für Sicherheit sorgen, entbehrt daher einer Grundlage.
Professor Dr. Thomas Feltes, Inhaber des Lehrstuhls für Kriminologie, Kriminalpolitik und Polizeiwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum, schrieb anläßlich einer Anhörung zum Thema Videobeobachtung des Landtags von Nordrhein-Westfalen:
Objektive Sicherheit (Abschreckungseffekt, Kriminalitätsreduktion),
Auch die Frage, ob sich die Videoüberwachung abschreckende Wirkung hat und sich daher zur Kriminalitätsreduktion eignet, kann nach wie vor nicht sicher beantwortet werden. Die hierzu vorliegenden Studien zeigen entweder keine, nur bedingte, d.h. ausschließlich auf Eigentumsdelikte,bezogene oder kaum Wirkung von Videoüberwachung. Einige Studien belegten, dass Kriminalität,nur verdrängt wurde, andere konnten auch in Nachbarschaftsgebieten ein Kriminalitätsrückgang,verzeichnen, wiederum andere fanden beides oder zeigten überhaupt kein signifikante Veränderungen. Am ehesten tritt der Erfolg der Kriminalitätsreduktion bei Eigentumsdelikten und dort auf Parkplätzen ein und vor allem dann, wenn die Videoüberwachung mit verbesserter Beleuchtung verbunden wird. Allerdings sind weniger die technischen Veränderungen (Überwachung und bessere Beleuchtung) für diesen Erfolg ursächlich als vielmehr die Tatsache, dass die Einführung dieser,Maßnahmen deutlich macht, dass man sich um dieses Viertel, diesen Stadtteil oder diese Gegend,kümmert. Dadurch wiederum wird der soziale Zusammenhang und die informelle soziale Kontrolle in diesem Viertel verstärkt, und dies ist nachweisbar ein besonders präventiver Faktor (Voß,o.J.; Feltes 2016 a).
Quellen:
http://www.echo-online.de/lokales/darmstadt/komplett-ueberwachung-auf-luisen...
http://hessenschau.de/politik/darmstaedter-luisenplatz-soll-komplett-videoue...
https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument?Id=MMST16/42...
https://www.telemedicus.info/article/2000-Die-neuen-EU-Grundrechte.html